Was genau ist der Einfluss von Klassik/Barock im (Heavy) Metal ?!?!

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scratchy
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Was genau ist der Einfluss von Klassik/Barock im (Heavy) Metal ?!?!

#1

Beitrag von scratchy »

Hey ihr klugen Köpfe :bang: ,

ich brauche eure Hilfe!
Was genau ist der Einfluss von Klassik oder Barock-Musik im (Heavy) Metal? Ich bitte um Beispiele. Gern im Bezug auf Iron Maiden aber auch gern auch andere Bands.

Der opernhafte Gesangsstil ist mir klar.
Aber was hat es zum Beispiel mit den Twin Guitars, die oft in parallelen Terzen gesetzt sind, auf sich? Ist das eine klassische Satzweise des Barock? Ich finde nirgends Belege dafür.
Man sagt ja auch, dass die solistische Spielweise an die abendländische Klassik erinnert - aber warum genau?

Ich studiere das Buch "Schwermetallanalysen" von Dietmar Elflein und da wird das z. B. auf Seite 238 beschrieben aber ich checks einfach nicht ...

Ich wäre euch für zügige Antworten mega dankbar weil ich da gerade was für die Schule machen muss und nächste Woche abgeben muss.
Vielen Dank im Voraus!

:edbang:
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chemicalwedding
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Re: Was genau ist der Einfluss von Klassik/Barock im (Heavy) Metal ?!?!

#3

Beitrag von chemicalwedding »

Bin leider kein Experte, trotzdem mal ein paar Gedanken meinerseits:

Metal entstand ursprünglich aus dem Blues -> Blues Rock -> Rock’n’roll -> Hard Rock -> zu Metal, wobei sich über die Dauer der Entwicklung der Blues und Roll immer mehr dem Rock und später Einflüsse aus der Klassik Platz machen musste. Bei alten Metal-Bands wie Maiden oder Priest höre ich seit langen nur sehr wenig Blues raus, am ehesten noch auf den beiden ersten paar Platten.

Da sind wir schon beim nächsten Punkt, abendländisch! Für mich kommt das daher, dass sich die musikalische Entwicklung vom Blues zu Metal auch örtlich verschoben hat. Nämlich aus Amerika nach Europa. Früher wurde früher Metal auch als «weisse» Musik bezeichnet, was mit der Verlagerung nach Europa zu tun hatte. Europa ist stark geprägt von der klassischen Musik, diese wiederum entstand ursprünglich aus der normalen Volksmusik heraus. Musik die uns noch heute in Form von Kinderliedern und Kirchenliedern prägt. Nur wurde Volksmusik früher nicht schriftlich konserviert. Erst Mönche in Kloster entwickelten mit dem Notensystem eine Methode die Musik niederschreiben zu können. Die Musiktheorie ist deshalb auch sehr stark kirchlich geprägt. Das Notensystem wurde harmonisiert (temperiert) und daraus entstanden die heute bekannten 7 Grundtonleiter (Kirchentonleiter). Mit diesen wachsen wir hier heute noch grundsätzlich auf, wobei aus den 7 Tonleitern wahrscheinlich zu über 90% nur die "Normale" Dur sowie die harmonische Moll Tonleitern verwendet werden («Alle meine Entchen» kennt wohl jeder, das ist eigentlich nichts anders als eine Melodie basierend auf der der Krichentonleitern) Diese Kirchentonleitern werden im Metal oft benutzt, hingegen im Blues und Rock werden eher 5-Ton-Tonleiter (Pentatoniken) verwendet. Das macht meiner Meinung nach einen riesigen Unterschied aus. Man höre sich mal ein Solo von Angus Young (blues lastig) oder Randy Rhoads oder Eddie Van Halen (mit starker klassischer Prägung) an. Da liegen Welten dazwischen, auch technisch. Deshalb klingt Metal meiner Meinung nach eher abendländisch und Blues und Rock eher ich sage mal «amerikanisch». Beide Musikstile haben eine andere Grundprägung.

Auch sind Blues oder Rock’n’roll Stücke eher Songorientiert geschrieben und bewegen sich in teils starren Vorgabemustern. Ein interesanter Gegnesatz da Blues doch eher eine Art Bauch-Musik ist. Im Metal scherrt man eher aus diesen sturren Gebilde aus und schreibt teils auch stark Instrument-lastige Songs mit weniger vorgeschriebenen Taktmustern. Der intstrumental-Anteil bei Maiden ist öfters grösser als der Gesang inklusive Refrain. Was mir super gefällt und einer der Hauptgründe ist, weshalb ich als Tennager überhaupt Metal habe angefangen zu hören. Alle Bands die ich damals (Mitte der 80ziger Jahre) kennengelenrt habe, hatten ausgeprägte Instrumentaltpassagen und viel abwechslungsreiche Musikalität in der Musik (Maiden, Helloween, King Diamond, Metallica, Priest, ...)

Bei den Twin-Gitarren habe ich das Gefühl, dass sich die meisten Bands eher entweder auf parallele Oktaven oder Quinten beschränken. Ist viel einfacher zu machen (man braucht dazu kaum musikalischer Wissen) und ist für die Zuhörer einfacher zu hören. Parallele Terzen sind wegen der Dur / Moll Abhängigkeit doch schon deutlich anspruchsvoller zu realisieren und klingen anspruchsvoll für viele Ohren, sprich man ermüdet schneller beim Zuhören. Parallele Terzen findet man eher im Prog Metal.

Beim Thema opernhafter Gesang im Metal habe ich immer so meine Mühe. Ja, es gibt Sänger und Sängerinnen die haben zumindest einen theatralischen Gesangstil. Aber von einem Opernniveau sind die allermeisten weit weg. Michael Kiske hat ein wunderbares Vibrato und kann hoch singen. Ja, bei ihm würde ich opernhaft als ok anschauen. Die meisten Metalsänger sind davon aber weit weg. Was aber nicht heissen will, dass diese schlecht sind.
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Re: Was genau ist der Einfluss von Klassik/Barock im (Heavy) Metal ?!?!

#4

Beitrag von Irenicus »

chemicalwedding hat geschrieben:Europa ist stark geprägt von der klassischen Musik, diese wiederum entstand ursprünglich aus der normalen Volksmusik heraus.
Interessant, wusste ich so noch nicht. Kannst du da mehr ins Detail gehen? Gibt es dazu Überlieferungen? Klassische Musik (die überlebt hat) geht ja bis in das Mittelalter zurück und es gibt sogar Überlieferungen (aber so gut wie keine Musikstücke) von solcher "westlicher Kunstmusik" aus der Antike. Deshalb verwundert mich das ein wenig. Auch weil ich eigentlich keine klassische Musik kenne, die sich mit Volksmusik überschneidet bzw. dieser ähnelt.
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chemicalwedding
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Re: Was genau ist der Einfluss von Klassik/Barock im (Heavy) Metal ?!?!

#5

Beitrag von chemicalwedding »

«Beweise» habe ich leider keine. Habe das irgendwo mal gehört. Kann mich nicht mehr exakt erinnern wo. Aber ich glaube mein Gitarrenlehrer erzählte mir das einmal.

Dass Kirchenlieder teils auf von den normalen Leuten gesungenen Melodien, aber nicht niedergeschriebenen Liedern basieren, finde ich eigentlich ziemlich plausibel. Es hat lange gedauert, bis jemand einen Weg fand Musik niederzuschreiben. Vorher gab man Melodien einfach von Generation zu Generation weiter. Darum ist wahrscheinlich auch so wenig bekannt aus der Zeit von ganz früher. Heisst aber nicht, dass in der Kirchenmusik und Klassik nun alles von der «Volkmusik» gestohlen worden ist. Sicher wurden da auch viele eigenen Sachen komponiert. Von irgendwo müssen Komponisten aber auch damals ihre Inspirationen hergehabt haben. Und eben auch Komponisten wie Mozart oder Strauss sollen sich teilweise bei der Volksmusik bedient haben. Aber das kann man heute wahrscheinlich kaum mehr zurückverfolgen. Schon nur weil Leute wie Mozart die Melodien wohl nicht einfach 1:1 übernommen haben, sondern diese variiert haben.

Die hohe Schicht konnte dann ab dem Mittelalter die Musik weiterentwickeln. Nur Leute und Kinder aus besseren Familien hatten die Zeit und die Möglichkeiten ein Instrument auf diesem Niveau zu erlernen. Und mit den Musikern, die so aus den höheren Schichten herangezogen worden sind, konnten die Komponisten dann auch ihre Musik immer weiter entwickeln, anpsruchsvoller und komplexer machen. Die Leute aus dem Volk mussten sich mit einfacheren Sachen zufriedengeben, eben der gemeinen Volksmusik eben. Aber ja, das sind jetzt mehr Schlussfolgerungen von mir. Und mit Volksmusik meine ich jetzt nicht diese unsägliche Musikantenstadel-Schlager-Volks-Popmusik, sondern die ursprüngliche überlieferte lokale Volksmusik die es in jedem Land/Regionen gib, mit "einfachen" Instrumenten wie Handorgel, Bassgeige, Geige oder Gitarre.

Hier etwas älteres:
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Re: Was genau ist der Einfluss von Klassik/Barock im (Heavy) Metal ?!?!

#6

Beitrag von Irenicus »

Keine Angst, ich weiß schon, was du mit Volksmusik gemeint hast. ;)
Mir ist auch bewusst, dass Komponisten schon mal Melodien, die sie irgendwie aufschnappen (z.b. aus der Volksmusik), für ihre Stücke benutzen. Beethoven hat z.b. die berühmte Melodie der 9. Sinfonie ("Freude schöner Götterfunken...") aus einer Art Volkslied bzw. bekannten Melodie (weiß es nicht mehr genau, müsste nachlesen) entnommen und das hat dann auch so manchen Leuten nicht gefallen. Trotzdem weiß ich nicht, ob man anhand solcher vereinzelter Beispiele einfach behaupten kann, dass Klassik "aus der Volksmusik heraus" entstanden ist. Das klingt mir etwas stark überzogen. Ich denke, Klassik ist keine Musik, die sich massgeblich oder gar fließend aus einer anderen Musik entwickelt hat (wie eben z.b. Metal aus Hard Rock), sondern in erster Linie für sich geschaffen wurde. Natürlich kann man das nicht mehr genau "beweisen" (was auch niemand erwartet), aber man kann es eigentlich sehr gut anhand der Musik erkennen und nachvollziehen. Denn selbst einfache klassische Lieder unterscheiden sich in ihrer Form und Art schon stark von Volksliedern, auch wenn sie natürlich in gewisser Weise daran angelehnt sind. Bei Metal kann man ja sehr deutlich die Übergänge bei den frühen Bands erkennen und sich im Prinzip die Entwicklung anhören, bei Klassik ist das aber so nicht der Fall, zumindest von dem was ich kenne und bisher über die Musik weiß. Die Übergänge zwischen den einzelnen Epochen der klassischen Musik kann man dagegen aber natürlich gut erkennen. Aber selbst wenn man an die frühen Anfänge im Mittelalter zurückgeht, wie z.b. die liturgischen Gesänge von Hildegard von Bingen, das war schon recht komplexe Musik, die mit Volksmusik nicht wirklich etwas wesentliches gemeinsam hatte. Genauso bei dei deinem Beispiel erkenne ich solche Einflüsse jetzt nicht, aber vielleicht täusche ich mich auch. Ist jedenfalls ein interessantes Thema mit dem ich mich noch nicht groß beschäftigt habe.

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